Zum 1. August 2025

Zum 1. August 2025

Gedanken zum 1. August 2025

Das heutige Erwachen am Schweizer Nationalfeiertag war wohl an vielen Orten von wenig Freude geprägt.

Zollschock! Jetzt haut der Zollhammer rein!

So oder ähnliche Schlagzeilen haben wohl manchen unsanft auf den Boden der Realität aufschlagen lassen.  Gedanken dazu von Koni.

Selbstbewusst. Unabhängig. Schweiz.

In Zeiten internationaler Turbulenzen und als Reaktion auf den «Zollschock» aus den USA muss die Schweiz sich meiner Meinung nach in erster Linie auf ihre Stärken konzentrieren.

Die Schweiz braucht dringend eine klare Strategie. Selbstbewusstsein, Unabhängigkeit und gute Beziehungen sind die Grundpfeiler dafür.

Grosse Worte sind nicht nötig. Die Schweiz kann aufgrund ihrer Tradition der Neutralität effektiv und diskret daran arbeiten, ihre politische, wirtschaftliche, militärische und kulturelle Abhängigkeit von den USA zu verringern. Die Schweiz wird gezwungen sein, ihre Beziehungen zu den USA realistischer und objektiver bewerten. Nur so kann sie ihren Status als erfolgreicher und angesehener Kleinstaat auf der internationalen Bühne behaupten.

Es ist klar, dass dies einen strategischen Kurswechsel auf mehreren Ebenen erfordert.

Punkt 1: Politik 

Die Schweiz muss ihre diplomatischen Interessen noch deutlicher vertreten. Sie sollte dabei auf Besonnenheit und Pragmatismus statt auf Sentimentalität setzen. Die USA sind nicht länger ein natürlicher «Freund», sondern ein potenzieller Kooperationspartner, mal als Verbündeter, mal als Gegner.

Die Schweiz sollte ihren Ruf als neutraler Vermittler stärken. Dazu muss sie bewusst auf Voreingenommenheit und eine unbewegliche Förderung westlicher Werte auch mal verzichten. Stattdessen soll sie ihre Souveränität und ihre globale Rolle als ausgleichende Kraft vermehrt betonen. Sie kann das durch Vermittlung in Konflikten oder die Ausrichtung von Dialogforen in Genf tun.

Diversifizierte Partnerschaften: Die Schweiz wird in Zukunft ganz klar den Fokus auf die Zusammenarbeit mit anderen Kleinstaaten, der EU und asiatischen Wachstumsregionen sowie mit «neutralen» Innovationsclustern wie Singapur und den nordischen Ländern legen müssen. Sie soll grundsätzlich multilaterale Initiativen den Vorzug geben.

Punkt 2: Wirtschaft 

Die Schweiz wird ihre Abhängigkeit von den USA verringern müssen. Schweizer Unternehmen müssen ihre Export- und Investitionsstrategien anpassen. Nur so können sie Risiken und politische Anfälligkeit gegenüber US-Sanktionen, Handelsschocks oder Technologiedisputen verringern.

Starke Diversifizierung ist Pflicht! Die Schweiz muss sich in der EU, China, Südostasien und den Schwellenländern stärker engagieren. Das kann sie erreichen durch Freihandelsabkommen, Anpassungen der Lieferketten, technologische Zusammenarbeit und gezielte Innovationspartnerschaften.

Die Abhängigkeit von US-zentrierten Technologien und Finanzdienstleistungen muss reduziert werden! Schweizer Unternehmen und Behörden sollen ihre Abhängigkeit von US-Software, Cloud-Lösungen, Zahlungssystemen und dem Dollar als Reservewährung verringern.

Die Schweiz muss dringend ihre Innovationskraft und technologische Souveränität verbessern. Sie kann die heimische Industrie in den Bereichen KI, Biowissenschaften, Finanzen und nachhaltige Technologien gezielt fördern und gleichzeitig die Cybersicherheit und die digitale Unabhängigkeit verbessern.

Punkt 3:  Militär 

Konsequente Neutralität bedeutet, sich nicht an militärischer Zusammenarbeit unter Führung eines Blocks zu beteiligen. Eine Ausnahme bilden lediglich grundlegende Partnerschaftsprogramme. Das Ziel muss eine möglichst autonome Rüstung sein. Die Schweiz soll sich nicht bloss auf US-Ausrüstung verlassen, sondern eine verstärkte Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn eingehen, gleichwohl in der Beschaffung aber unabhängig bleiben.

Die Schweiz muss besonderen Wert auf technologische Unabhängigkeit legen! Sie muss sich auf eigene schweizerische, europäische oder multipolare Fortschritte in den Bereichen Rüstung und Cyberabwehr konzentrieren.

 

Punkt 4: Kultur und Gesellschaft

Die Schweiz braucht eine grössere kulturelle Unabhängigkeit! Sie sollte darum den Einfluss von US-Trends, Formaten und Bildungskonzepten verringern und stattdessen die Schweizer Kultur, Medien, Forschung und Identität fördern, ohne sich zu isolieren. Das Ziel ist klar: Den kulturellen Austausch mit Europa, Asien und Afrika verbessern. Dafür kann die Schweiz Mehrsprachigkeit fördern, Austauschprogramme einrichten und die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Kunst ausbauen.

Punkt 5: Auswirkungen

Positive Effekte:

  • Geringere Anfälligkeit für Erpressung durch die US-Politik, was zu einer höheren Widerstandsfähigkeit gegenüber Handelsstörungen, Sanktionen und technologischen Schocks führt.
  • Eine Steigerung der diplomatischen Glaubwürdigkeit als pragmatischer und kompromissloser Vermittler.
  • Verstärkte Innovationen und Investitionen mit dem Ziel der Autonomie.

Risiken:

  • Mögliche Abkühlung der Beziehungen zu den USA, verbunden mit einem vorübergehenden Verlust von Marktzugang oder Fachwissen.
  • Das Risiko einer zunehmenden Abhängigkeit von anderen Akteuren (z. B. China oder der EU) erfordert eine sorgfältige Abwägungsstrategie.
  • Mögliche Gegenmassnahmen der USA, wie erschwerter Zugang zu den amerikanischen Finanzmärkten und strengere Vorschriften für Schweizer Unternehmen.

Fazit:

Ein unauffälliger, pragmatischer, aber entschlossener Kurs gegenüber den USA ist Ausdruck einer zeitgemässen strategischen Neutralität. Dies bedeutet, eine kontrollierte Distanz zu wahren und gleichzeitig eine aktive Diversifizierung und die Sicherung der Unabhängigkeit in allen Bereichen voranzutreiben.

Dieser Ansatz steht im Einklang mit der traditionellen Schweizer Politik. Die Schweiz vertritt seit jeher ihre Interessen auf nationaler und internationaler Ebene. Und das mit Ruhe, Pragmatismus und Konsequenz. Er verlangt ein Gleichgewicht zwischen innerer und äusserer Stärke. Die Schweiz muss ihre Interessen in Zukunft klarer und selbstbewusster vertreten. Sie muss alle Partnerschaften – auch die mit den USA und der EU – realistisch und aktuell bewerten. Sie darf sich nicht länger auf veraltete Narrative von Freundschaft oder historischen Bindungen stützen.

Letztendlich wird die Schweiz von einer breiteren internationalen Vernetzung auf allen Ebenen profitieren. Ein aktiveres, kooperatives Auftreten in Europa könnte zudem dazu beitragen, die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU zu entspannen und sie strategisch vorteilhaft zu nutzen. Der Schwerpunkt sollte auf dem Aufbau ausgewogener Allianzen liegen, die wohlüberlegt und umsichtig geschlossen werden.

So wird die Schweiz ihre Stärke, Handlungsfähigkeit und internationale Stellung unabhängig von der zunehmend multipolaren Weltordnung bewahren.

Konrad Meyer / 1. August 2025